13. Oktober 2015
Württemberger Genossen erwarten „Traumjahrgang“
Nach vier, fünf meist entspannten Wochen kommt die Hauptlese in Württemberg dieser Tage auf die Zielgerade. Am Montag (12. Oktober) zog der baden-württembergische Genossenschaftsverband (bwgv) in Heilbronn eine vorläufige, ausgesprochen positive Bilanz für die 41 Weingärtnergenossenschaften, deren Rebfläche zusammen 70% des 11 300 ha großen Anbaugebiets Württemberg abdeckt. Selbst bescheidene Branchenvertreter sparen nicht mit Superlativen. So zum Beispiel Arne Maier von der Genossenschaftskellerei Heilbronn: „Ich bin jetzt seit 31 Jahren in verschiedenen Kellern in Deutschland und in der Schweiz tätig“, sagt der Oenologe, „aber so etwas Schönes habe ich noch nie gesehen - traumhaft“. Die Trauben hätten die Hitze im Hochsommer besser verkraftet als gedacht. Der Regen im September und Anfang Oktober sei „Gold wert gewesen“. Viel Sonne und milde Winde ließen die sowieso schon hohen Oechslewerte durch den Verdunstungseffekt in den Prädikatsweinbereich steigen. Gleichzeitig sorgten kühle Nächte für eine Säure, die besonders aromatische und sortentypische Weine garantiere. „Der 2015er wird deshalb noch besser als der sogenannte Jahrhundertjahrgang 2003“, betont Vorstandschef Justin Kircher, die Weine seien weniger vom Alkohol geprägt als von Frucht und Finesse. „Verbraucher dürfen sich auf Spätlesen in Literflaschen freuen“, erklärte Geschäftsführer Karl Seiter. Gleichzeitig würden viele Betriebe die tollen Qualitäten nutzen, um die in den Vorjahren entstandenen Lücken im Premiumbereich zu schließen. Bisheriger Rekord: eine Trockenbeerenauslese mit 170 Grad Oechsle. Angesichts des „gesunden Materials“ lassen die Heilbronner auf 30 ha Riesling- und auf 20 ha Lembergertrauben für Eiswein hängen.
Nicht nur die Qualität stimmt, auch bei der Menge schneiden die meisten Wengerter besser ab als im Hitzesommer zunächst befürchtet. Bwgv-Vorstandschef Roman Glaser rechnet in diesem Jahr mit 79 Mio. l für die 41 WGs in der Region, das wären 5% mehr als im Vorjahr, aber 10% weniger als im zehnjährigen Schnitt. Hochgerechnet aufs ganze Gebiet schätzt Dieter Weidmann, Vorstandsvorsitzender der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen, bei einer Ausbeute von 105 l/Ar die Gesamtmenge in Württemberg auf 115 Mio. l. Das eigentliche Vermarktungspotenzial liege bei 120 Mio. l.
Übrigens: Im ersten Halbjahr 2015 sank der Weinabsatz der Württemberger Weingärtnergenossenschaften gegenüber dem Vorjahr um 0,8% auf 33,1 Mio. l, während sich der Umsatz um 0,1% auf 100,5 Mio. Euro erhöhte. Im gesamten Jahr 2014 habe man 69 Mio. l verkauft (minus 0,6% gg. Vorjahr) und damit 218,1 Mio. Euro umgesetzt (+0,6%). Es sei zu moderaten Preiserhöhungen von durchschnittlich 3 Cent/l auf 3,16 Euro/l gekommen. Laut Weidmann konnte das Plus allerdings nicht die wachsenden Betriebskosten auffangen. Auf dem angespannten deutschen Weinmarkt halte sich „Württemberg ordentlich“, die Region habe im 1. Halbjahr 2015 ihren Marktanteil unter den deutschen Anbaugebieten von 11 auf 12% ausbauen können. Die Käuferreichweite sei dabei leicht gestiegen, pro Haushalt werde also mehr Württemberger Wein getrunken. Auf dem deutschen Gesamtmarkt ging der Weinabsatz um 1,2% gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Am meisten verlor Rosé (-9,5%). Weißwein büßte 0,5% ein, Rotwein blieb konstant, sagte Weidmann. -kk-