02. Dezember 2011

Kommentar zur Insolvenz der Kellerei Pressler: 1,2,3 nun vorbei?

1, 2, 3 – vorbei?
Nach der Lorch-Pleite Mitte 2009 und dem nicht ganz freiwilligen Zuschließen der Weinkellerei Decker in Landau hat es nun die dritte Kellerei in der Südpfalz erwischt. Seit 17. November ist es amtlich: Die Weinkellerei Otto Pressler in Hochstadt ist insolvent. Zwar wurde schon seit längerem eine angespannte Finanzlage des Unternehmens vermutet, nachdem es aber trotz des Wegfalls eines Großkunden aus dem Discountbereich gelungen war, neue Absatzkanäle aufzutun, hat die plötzliche Insolvenz nun doch überrascht. Wie auch beim Fall der Kellerei Lorch, war die Sparkasse Südliche Weinstraße auch bei Pressler diejenige, die mit der plötzlichen Kündigung aller Kredite das Unternehmen in die Insolvenz trieb. Während bei Lorch die Kredite schon gewisse Zeit vor der Insolvenz nicht mehr bedient worden sein sollen, soll dies bei Pressler bis zuletzt nicht der Fall gewesen sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum der Insolvenzverwalter noch Chancen sieht, das Unternehmen weiter zu betreiben. Ob dies allerdings realistisch und überhaupt gewollt ist, wird sich zeigen. Nachdenklich macht der Zeitpunkt der Kreditkündigung. Sieht es doch so aus, als ob die Sparkasse sehr bemüht war, das eigene Ausfallrisiko möglichst gering zu halten, aber dafür die Lieferanten und Weinkommissionäre im Regen stehen zu lassen, die Wein geliefert hatten, jetzt aber auf ihr Geld warten. Gerade dies sind schlechte Voraussetzungen für eine Fortführung des Geschäftes. Schließlich brauchen die Kellereien Wein, doch wer soll künftig liefern?
Die Kommissionäre, die sich alle untereinander kennen, werden es sich genau überlegen, ob sie ein solches Risiko noch einmal eingehen. Der Slogan der Sparkasse Südliche Weinstraße „Ihre Sparkasse, Ihr starker Finanzpartner“ hat im Fall Pressler einen schalen Nachgeschmack. Ob die Banken das Geschäft ihrer Kunden immer verstehen, darf ebenso bezweifelt werden wie der Wille, ein verlässlicher Partner zu sein. Vielleicht ist es interessanter, ein Unternehmen abzuwickeln, die Brocken meistbietend zu verhökern und auf dem Kellereigelände einen Verbrauchermarkt zu errichten. Ein solches Geschäft wäre bestimmt im Sinne des SÜW-Sparkassenvorstandes – risikoarm und renditestark. Was aber mit den beiden Erzeugergemeinschaften und den Mitgliedern passiert, die seit Jahrzehnten an Pressler lieferten und was mit den 30 Angestellten geschieht, falls die Kellerei schließt, muss sich auch die Landrätin und Aufsichtsrätin der Sparkasse Südliche Weinstraße, Theresia Riedmaier, fragen lassen.
Gab es nach dem zweiten Weltkrieg allein 40 Kellereien in Landau, so ist die Stadt inzwischen kellereifrei, und auch im Landkreis sind auf Kellereiseite eigentlich nur noch die Betriebe Kimmle und Wissing übrig geblieben. Keine gute Entwicklung, weil sich das Geschäft nur noch auf wenige konzentriert, die dann noch stärker als bisher das Geschehen und die Preise diktieren werden. Es bleibt deshalb zu befürchten, dass die Fassweinwinzer und Traubenlieferanten zu den langfristigen Verlierern der Branche zählen könnten.
Henning Seibert
 
(das deutsche weinmagazin)