16. Dezember 2014

Piemont: Barolo & Friends

Aus dem Piemont stammen einige der bekanntesten Weine Italiens. Allen voran steht der Barolo, der in seiner Heimat gern „König der Weine“ genannt wird. Den internationalen Durchbruch hatte er Ende der 1990er Jahre, doch seit einigen Jahren stagniert die Nachfrage. Die Piemonteser Weinverbände wollen nun wieder Bewegung in den Markt bringen: Zwei Wein-Events in München und Köln sollen Fachpublikum und Weinliebhaber anlocken und (wieder) auf den Geschmack bringen – und auch dazu anregen, Neues aus der Region zu entdecken. Der deutsche Markt ist für italienische Weinproduzenten enorm wichtig, aber mühsam. Andere Märkte versprechen einfach mehr Wachstum – auch wenn es hier um bedeutend kleinere Gesamtvolumina geht. „Der deutsche Markt ist gesättigt, es ist fast unmöglich, noch Importeure zu finden“, urteilt Daniele Manzone, Direktor des Konsortiums I Vini del Piemonte. Deshalb hatten Piemonteser lange einen Bogen um Deutschland gemacht, wenn es um die Planung von Präsentationen ging. Die Event-Reihe „Barolo & Friends“ macht seit mehreren Jahren regelmäßig Station in Skandinavien, Osteuropa, Belgien, der Schweiz, China und Hongkong – mit guten Erfolgen, wie Manzone betont. Aber Deutschland ganz außen vor lassen, das geht nun auch wieder nicht. Deshalb sollen nun auch hier zwei Veranstaltungen stattfinden. Die genauen Daten und Veranstaltungsorte standen nach Redaktionsschluss noch aus. In München planen die Piemonteser eine gemeinsame Präsentation mit dem Konsortium für Brunello di Montalcino (Toskana) mit dem Titel „Barolo & Brunello“. Einen Tag später ziehen sie alleine weiter nach Köln, wo „Barolo & Friends“ auf Fachpublikum und Weinliebhaber wartet. Die Veranstaltungen werden von Seminaren begleitet, von denen einige nur Fachleuten vorbehalten sein werden. In München wird es nur um die beiden Großen, Barolo und Brunello, gehen. In Köln werden die Erzeuger die ganze Bandbreite des Piemont präsentieren. „Die Stärke des Piemonts sind die autochthonen Sorten, 57 sind es an der Zahl“, erklärt Daniele Manzone. Der Barolo ist ein Wein für Kenner. Sortenrein aus der autochthonen Rebsorte Nebbiolo gekeltert, reift er mindestens zwei Jahre im Fass und ein weiteres in der Flasche. Die Trauben kommen aus vorgeschriebenen Lagen rund um das Städtchen Barolo in der Region Langhe im Piemont. In seinem Heimatland, wissen Italien-Kenner, kommt er zu hohen Feiertagen auf den Tisch. Die guten Jahrgänge für Barolo unterscheiden sich oft von denen anderer Weine. Denn die spätreifende Nebbiolo-Traube braucht es kühler, damit ein echter Barolo daraus werden kann. Daher kommt es auch, dass die Piemonteser Winzer am Erntejahr 2014 zwar in Bezug auf ihre anderen Rebsorten, allen voran Barbera, ziemlich verzweifelten. Dem Nebbiolo wiederum bekam das kalte Jahr wiederum zumindest nicht so schlecht wie den anderen Sorten. Allerdings mussten die Winzer, wie in fast allen italienischen Weinregionen, starke Mengeneinbußen hinnehmen. Laut Zahlen des Verbandes Assoenologi waren es 15% weniger als im Vorjahr. Mit seinen schweren Tanninen und seiner komplexen Struktur trifft Barolo nicht so sehr den derzeitigen Massengeschmack. Dennoch ist er nicht nur im Fachhandel ein Muss, auch der hiesige LEH verzichtet nach wie vor nicht auf ihn. Mit Flaschenpreisen ab 8,99 Euro findet man ihn in den Discountern und Supermärkten – er wird als feste Größe wahrgenommen, die im Sortiment nicht fehlen darf. Flankiert wird er meist von seinen kleinen Brüdern Barbaresco, Barbera d'Alba oder Nebbiolo als Rebsortenwein. Einen etwas schwierigen Stand haben die Weine der Rebsorte Dolcetto. Zum Verhängnis wird ihnen der Name – denn auch wenn er an das italienische Wort dolce („süß“) erinnert, wird er traditionell trocken ausgebaut. Dies den Konsumenten zu erklären, fällt aber selbst den Winzern vor Ort nicht leicht. Neben den bekannten Roten ist auch die weiße Sorte Arneis zu einiger Bekanntheit gekommen. In den 1990er Jahren wiederentdeckt, erlebte die alte Rebsorte als DOC Langhe Arneis oder DOCG Roero Arneis eine Renaissance. Auch in Deutschland kommt der Arneis an, weil er etwas unkomplizierter ist: säurearm, dennoch kräftig, mit Noten von Kernobst und Mandeln. Auf einen ähnlichen Erfolg hoffen nun einige Winzer für zwei weitere alte Sorten, die bis vor kurzem in Vergessenheit geraten waren: der weiße Nascetta und der rote Pelaverga. Mit ihnen experimentieren derzeit vor allem kleine Erzeuger, aber auch die Genossenschaft Terre del Barolo hat die beiden in ihr Spezialitäten-Programm aufgenommen. Bei der Verkostung mehrerer Vertreter beider Sorten kann festgestellt werden, dass man es hier mit zwei sehr unterschiedlichen Charakteren zu tun hat. Der Nascetta geht als durchaus massentauglich durch: leicht, mit Südfrüchte-Aromen wie Orange oder Ananas. Terre del Barolo setzt dazu auf einen 15-tägigen Fassausbau, der dem Wein zusätzlich eine vanillegeprägte Cremigkeit verleiht. Pelaverga wiederum ist ein eigenwilliges Gewächs: Zunächst ist da die hellrote Farbe, die beinahe einen Rosé vermuten lässt. Aus den sehr würzigen Geschmacksnoten sticht vor allem weißer Pfeffer hervor. Kurz: ein Wein für Entdecker auf der Suche nach außergewöhnlichen Geschmackserlebnissen. Bei „Barolo & Friends“ wird man sich von den beiden Wiederentdeckten selbst ein Bild machen können: Einige teilnehmende Winzer werden neben den bekannten Klassikern auch sie mit im Gepäck haben. Die Veranstalter hoffen, auf diesem Wege für den einen oder anderen unbekannteren Erzeuger einen Importeur zu finden. Gleichzeitig will man aber auch die potenziellen Endkunden überzeugen – die wohl eher unter den fortgeschrittenen „wine lovers“ zu finden seien als unter den Durchschnittskonsumenten. In Dänemark beispielsweise sei das „Barolo & Friends“-Konzept aufgegangen, berichtet Daniele Manzone: „Das Piemont ist dort mittlerweile die erfolgreichste italienische Weinregion – auch dank unserer Veranstaltungen.“ Sollten die Events hierzulande ebenso erfolgreich sein wie in den anderen Ländern, werde man jedes Jahr nach Deutschland kommen. -gu-