15. Dezember 2015
„Natural Wine“-Messe RAW: Großes Interesse, kleiner Markt
Seit
2011 gibt es die „Natural Wine“-Messe RAW in London.
Nach einem ersten Versuch im Ausland in Wien 2014 fand im November 2015 in Berlin die
erste deutsche Ausgabe statt. 1.450 Besucher kamen am letzten November-Sonntag
in die Markthalle Neun in Kreuzberg. 80 Produzenten stellten mehr als 600 Weine
vor. Voraussetzungen für die Weine auf
Ausstellerseite sind laut Katalog: biologischer oder biodynamischer Anbau,
Handlese, Spontanvergärung, maximal 70 mg/l gesamtes SO2, möglichst
unfiltriert. Der größte Teil der Erzeuger kam aus Frankreich und Italien. Aus
Deutschland beteiligten sich lediglich vier Weingüter. Hier habe der „Natural-Wine“-Gedanke
bei den Winzern noch nicht so viele Freunde gefunden, meinte die Veranstalterin
Isabelle Legeron. Das liege an dem fruchtbetonten Weinstil, der hier erzeugt
werde – der vertrage sich nicht unbedingt mit dem Natural-Wine-Konzept.
Überraschend groß sei von daher das Interesse des Handels und der Gastronomie
gewesen. Von den 1.100 Tickets, die im Vorverkauf abgesetzt wurden, seien 80%
von Wein-Profis geordert worden. Fachbesucher mussten an der Tageskasse 25 Euro
berappen. Unter den Besuchern fanden
sich zahlreiche bekannte Händler und Einkäufer aus dem Weinfachhandel. Die
meisten Besucher kamen aus Deutschland, viele aus dem benachbarten Ausland, aber auch aus Kanada und USA. Besonders freute
sich Legeron über das Weinteam des Restaurants Noma aus Kopenhagen. Interessant erscheinen dem ein
oder anderen Fachhändler bei den Natural Wines kleine Mengen, ausgefallene
Weine, geschmacklich abseits des Mainstream und dazu eine zahlungsbereite
Klientel. Eventuell finde sich hier Potenzial für neue Profil-Sortimente – zumindest
müsse man sich über die Entwicklungen in dem Segment informieren, so Tina James
von den Wein-Musketieren aus Stuttgart. Öko-Weinhändler Peter Riegel sieht die
Natural Wines genau aus den gleichen Gründen als schwierig an. Er verfolgt die
Entwicklung einiger Betriebe seit Jahren und hat die Weine bereits bei seinen
Kunden getestet – mit sehr mäßigem Erfolg. Natural Wines betrachtet er als
absolute Nischenprodukte für Spezialisten. Nach
dem regen Zuspruch überlegt Veranstalterin Isabelle Legeron, auch 2016 wieder nach Berlin zu kommen. Anders als
in Hamburg, Köln oder München finde sich hier eine ausgeprägte Wein- und
Gastro-Szene, die offen für Neues sei. Auf Facebook war nachzulesen, dass sich
viele Besucher für ein nächstes Mal eine größere Location wünschen, denn
nachmittags war aufgrund des Andrangs in der szenigen Markthalle ein
professionelles
Verkosten nicht mehr möglich. -mp-