06. Februar 2025
„Bei uns ist die Internationalität maßgeblich“
Komprimierte Hallenplanung, mehr Rahmenprogramm und Besuchermarketing weit über die deutschen Grenzen hinaus – die ProWein sieht sich für die 31. Ausgabe im März 2025 gut aufgestellt, wie Peter Schmitz, Director ProWein, im Interview erzählt. Dabei sind die Bedingungen keine einfachen: Eine Branche im Krisenmodus, wachsende Konkurrenz und nicht abreißende Kritik am Standort Düsseldorf.
WEIN+MARKT: Was hat sich die ProWein für 2025 vorgenommen?
© Messe Düsseldorf/Andreas Wiese |
Warum so komprimiert?
Das hat mehrere Gründe. Erstens herrscht ein intensiver Wettbewerb, den wir nicht ignorieren können. Zweitens befindet sich der Markt in einer schwierigen Lage, was sich deutlich bemerkbar macht. Und last but not least konnten wir fünf Jahre nach der Pandemie die damals so wichtigen breiteren Gänge einfach wieder enger planen.
Die breiten Gänge sind mitunter auch wohlwollend aufgenommen worden.
Einige Besucher schätzten die zusätzlichen Freiräume, während andere die Messe als weniger belebt empfanden. Die Rückkehr zu normalen Gangbreiten sorgt für eine dichtere Atmosphäre, was psychologisch natürlich einen belebteren Eindruck hinterlässt. Zudem war der lange Fußweg zwischen den Hallen für viele Besucher eine Herausforderung. Unser Ziel ist es, eine qualitativ hochwertige Veranstaltung mit einer ausgewogenen Balance zwischen Ausstellungsfläche und Besucherzahlen zu schaffen – auch wenn das bedeutet, dass die ProWein insgesamt etwas kompakter wird.
Was ist dieses Jahr noch anders oder neu?
Ein Highlight ist unser neues Business Forum in Halle 16. Bislang gab es das ProWein Forum, das vor allem durch Masterclasses geprägt war. Da die ProWein immer stärker den fachlichen Austausch in den Fokus rückt, erweitern wir unser Angebot nun mit einem separaten Masterclass Forum und einem neuen Business Forum. Organisiert und betreut von der US-Journalistin Cathy Huyghe bieten wir in dem neuen Forum täglich mehrere Sessions an, die internationale Experten zu Wort kommen lassen und sich mit Lösungen und Perspektiven für die Branche beschäftigen. Ein weiteres Trendthema ist der Bereich Alkoholfrei, der 2025 mit einer stark vergrößerten Produktvielfalt aufwartet – von entalkoholisierten Weinen bis hin zu Proxy-Weinen auf Basis von zum Beispiel Kombucha oder Tee. Darüber hinaus haben wir dieses Jahr noch stärker in unser Besuchermarketing investiert. Basierend auf einer internationalen Potenzialanalyse haben wir individuelle Programme entwickelt, um Einkäufer aus wichtigen Märkten wie den USA, China, Japan und Korea noch gezielter als bisher ansprechen zu können. In der International Lounge bieten wir ihnen exklusive Rückzugsräume für vertrauliche Gespräche abseits des Messebetriebs. Ebenfalls zum zweiten Mal haben wir in Halle 4 unseren Concept Store. Nach dem erfolgreichen Debüt 2024 wird er erneut moderne Lösungen für den Point of Sale präsentieren – unter anderem mit KI-Technologien zur Unterstützung des Handels.
Könnte man angesichts der wachsenden Sichtbarkeit von Spirituosen auf der ProWein – überspitzt formuliert – davon reden, dass aus der ProWein allmählich eine Spirituosenmesse wird?
Ein klares Nein. Der Anteil der Spirituosen liegt mit 400 Ausstellern unter 10 Prozent. Dennoch sind die Spirituosen von Beginn an ein wichtiger Bestandteil der ProWein und werden es immer bleiben.
Die Preise für Hotelzimmer in Düsseldorf sind ein heftig diskutierter Kritikpunkt. Nach der letzten Ausgabe haben Sie intensive Gespräche mit Hoteliers angekündigt. Was ist seitdem passiert?
Das Thema Hotels hat die letzte Veranstaltung leider sehr beherrscht. Das komplette Portfolio der Messe Düsseldorf leidet darunter, wie hoch die Hotelpreise geworden sind. Daher sind wir nun für die Messe Düsseldorf eine Kooperation mit der Schweizer Booking-Plattform Kuoni Tumlare eingegangen. Kuoni hat wirklich akzeptable Preise über Kontingente im Stadtgebiet Düsseldorf oder in der näheren Umgebung ausgehandelt. In das Pricing, was sie mit ihren Partnerhotels vereinbaren, haben wir keinen Einblick, das muss uns auch nicht interessieren. Für uns ist aber wichtig zu sehen, wo die Preise auf der Plattform liegen – und die liegen in der Tat unter dem, was sonst Standard war. Wir hören von Kuoni, dass die Buchungszahlen deutlich zunehmen. Ich glaube, dass so deutlich mehr Wettbewerb herrscht, was die Hotelpreise angeht. Davon versprechen wir uns Einiges.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen: Natürlich haben wir massive Kritik bekommen, wenn zwei Jahre hintereinander Streiks stattfinden. Da haben wir aber nur eine sehr bedingte Einflussnahme drauf. Das hat uns als ProWein, aber auch als Messestadt Reputation gekostet. Hoffen wir mal darauf, dass wir dieses Jahr davon verschont bleiben.
Barcelona, Paris, Karlsruhe, Verona ... Welchen Platz hat Düsseldorf in dieser Aufzählung?
Was die Internationalität angeht, sind wir ausstellerseitig die Nummer Eins. Wir haben einen Ausstellerrückgang, das ist klar, wir haben aber keinen Rückgang der teilnehmenden Länder. Wir haben einen Verlust an französischen Ausstellern in Richtung Paris. Dass Paris ein Momentum hat, ist keine Frage. Dennoch ist die Messe dort sehr stark gekennzeichnet durch französische Aussteller. Bei uns ist die Internationalität maßgeblich, auch wenn wir deutsch geprägt sind. Vier Wochen später im April ist die Vinitaly ganz klar dominiert von italienischen Ausstellern.
Die Wine Paris hat im Vorfeld Zahlen veröffentlicht, die an die ProWein heranreichen und spricht von wachsender Internationalität.
Was das angeht, müssen wir alle ein bisschen aufpassen, mit welchen Zahlen wir agieren. Geht es zum Beispiel um Wachstumsraten in Prozent, sollte man sich durchaus mal die Mühe machen, die realen Zahlen dahinter zu betrachten. Dann sieht man vielleicht eine tolle Wachstumsrate von 80 Prozent. Am Ende sind es dann vielleicht aber nur vier Einzelaussteller mehr… Wir haben unser Maximalziel bei 5.000 Ausstellern angesetzt. Ob wir das so erreichen, werden wir sehen. Da ist momentan noch eine unglaubliche Volatilität drin. Das Anmeldeverhalten hat sich in den letzten Jahren massiv verändert – alles wird immer kurzfristiger. Dann haben wir die Gruppenveranstalter, die eine große Fläche mieten und erst nach und nach ihre Teilnehmer melden. Viel wichtiger ist aber letztendlich die Qualität der Besucher und damit die Zufriedenheit der Aussteller. Das ist das, was am Ende zählt und woran wir uns messen lassen wollen.
Inwiefern hat sich das Wesen der Messe in den letzten Jahren verändert, gerade vor dem Hintergrund der rückläufigen Aussteller- und Besucherzahlen?
Grundsätzlich hat die Pandemie gezeigt, dass sich Menschen treffen und austauschen wollen und das Prinzip Messe nicht in Frage stellen. Aber natürlich gibt es auch Veränderungen. Ich spreche jetzt gar nicht nur von der ProWein. Das sieht man in Düsseldorf bei allen Messen, das sieht man in Deutschland bei allen Messegesellschaften: Die Besucherzahlen sind rückläufig. Die Pandemie war die Zäsur. Ich bin fest davon überzeugt, dass es vor der Pandemie, vor allem in wirtschaftlich besseren Zeiten, auch eine Art Belohnung war, wenn man zur Messe fahren konnte. Dann war man in einer anderen Stadt oder sogar im Ausland. Jetzt gibt es, wie man auf Neudeutsch sagt, Right-Sizing. Heute fahren nur noch die Leute zur Messe, die Entscheider sind oder entsprechende Positionen in einem Unternehmen haben. Die große Entourage von früher ist etwas kleiner geworden.
Der Concept Store feierte 2024 Premiere. Auch in diesem Jahr widmet er sich zukunftsweisenden Konzepten für den Point-of-Sale. (Foto: Messe Düsseldorf/ctillmann)
Was macht der Messegänger von heute anders als vor der Pandemie? Welche Hilfsmittel benutzt er überhaupt und wo gibt es da vielleicht noch Aufholbedarf?
Ich habe das Gefühl, dass wir uns alle in der Pandemiezeit viel intensiver mit digitalen Tools auseinandergesetzt haben. Da gab es für uns an der einen oder anderen Stelle auch ein wenig Aufholbedarf. So haben wir zum Beispiel unser Networking-Tool komplett neu entwickelt und aufgesetzt. Das neue System FairMatch ermöglicht eine einfache und effiziente Vernetzung für Aussteller und Besucher auf der ProWein. Gleichzeitig betonen wir, dass eine gute Vorbereitung auf die Messe essenziell ist – sowohl für Besucher als auch für Aussteller. Dafür haben wir unterschiedliche Hilfsmittel im Angebot wie unsere Aussteller- und Produktdatenbank.
Welche Signale wollen Sie mit der ProWein 2025 an die Branche senden?
Orientierung, Perspektive und Motivation. Das sind die drei Dinge, die gerade jetzt in solchen herausfordernden Zeiten für die gesamte Branche am wichtigsten sind und uns allen hoffentlich helfen, mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken zu können.
Das Gespräch führte Simon Werner
Zur Person:
Seit dem 1. Februar 2023 zeichnet Peter Schmitz bei der Messe Düsseldorf für das gesamte ProWein-Portfolio verantwortlich. Dazu gehören neben Düsseldorf die Ableger in Shanghai, Singapur, Hong-Kong, São Paulo, Mumbai und Tokio. Schmitz arbeitet seit mittlerweile 38 Jahren bei der Messe Düsseldorf, wovon er 20 Jahre lang das Auftragsgeschäft für öffentliche Auftraggeber sowie das Beteiligungsgeschäft auf Messen im Ausland verantwortete.