05. Oktober 2009

Was ist das eigentlich... Böckser?

Böckser“ ist ein gern verwendeter Begriff, wenn es gilt, einen Weinfehler zu beschreiben. In vielen Fällen ist aber auch professionellen Verkostern eine eindeutige Definition für „Böckser“ nicht mehr präsent. Dabei zählt dieser Begriff zu den ältesten, die es in der Weinbeschreibung gibt.

Der Ursprung des Begriffs ist nicht geklärt. Verschiedene Fachleute vermuten hinter dem unangenehmen Geruch eine Assoziation mit dem Gestank eines Ziegenbocks und die Ableitung „stinkt wie ein Bock“. Der Weinchemiker Ernst Vogt schreibt in seinem „Handbuch der Kellerwirtschaft“ von 1969: „Der als Böckser bezeichnete Geruch junger Weine nach Schwefelwasserstoff oder nach faulen Eiern ist im allgemeinen ein harmloser Fehler, der beim ersten Abstich meist wieder verschwindet. Es genügt, den Wein dabei gründlich zu lüften und ihn mittelstark zu schwefeln.“ Und weiter schreibt er: „Wird ein böcksernder Wein nicht rechtzeitig gelüftet ... besteht Gefahr, dass sich der Schwefelwasserstoff mit dem Alkohol des Weins zu dem sehr übelriechenden ... Ethylmercaptan verbindet. Dieser ... Faulböckser kann durch Lüften nicht mehr beseitigt werden.“ Ludwig Jakob schreibt in der 10. Auflage seines Fachbuchs „Der Wein“ im Jahr 1996: „ ... finden sich unter den Böcksern verschiedene Erscheinungsformen, bei denen die Gemeinsamkeit schließlich dadurch hergestellt wird, dass diese Weinfehler durch den Zusatz von Kupfersulfat in der Regel beseitigt werden.“ Bei einem Böckser handelt es sich also um einen klar definierten und seit Urzeiten bekannten Weinfehler, der während der Gärung und Lagerung auf der Hefe entstehen kann. Der klassische Schwefelwasserstoff-, also H2SBöckser ist leicht zu identifizieren, da er nach faulen Eiern  riecht. Beim Mercaptan-Böckser wird es schon schwieriger. Mercaptane sind Verbindungen  es H2S mit Alkoholen, vor allem dem Ethanol zu Ethylmercaptan, auch Thioalkohole (=A lkohol mit Schwefel) genannt, und verströmen einen widerwärtigen Geruch. Die Frage, wie  Mercaptane riechen, lässt sich am leichtesten beantworten, wenn man weiß, dass Mercaptane bis vor einigen Jahren dem ansonsten geruchlosen Stadtgas als olfaktorisches (geruchliches) Warnsignal beigefügt wurden. Aromatisch feststellbare Thioalkohole finden sich aber auch im Käse, in Zwiebeln und im Knoblauch. Manche Weinexperten zählen auch den Geruch nach verbranntem Gummi zu den Böcksern. Diese Einordnung ist aber umstritten. Wer also meint, einen Wein mit Böckser im Glas zu haben, kann die uralte Testmethode mit der Kupfermünze anwenden. Als Böckser ist definiert, was sich mittels Kupfer entfernen lässt.
Werfen Sie also einfach eine Münze in das Glas Wein. Bereits nach kurzer Zeit setzt diese Münze soviel Kupferionen frei, dass die unangenehm riechenden Substanzen deutlich reduziert werden. In der kellerwirtschaftlichen Praxis wird Kupfersulfat CuSO4 in einer Menge von höchstens 0,01 g/l Wein angewendet. In den meisten Fällen genügen bereits 0,001 bis 0,002 g/l. Allerdings wirkt sich der Einsatz von Kupfersulfat auch auf erwünschte Aromastoffe dezimierend aus. In der Kellerwirtschaft ist also Vorsicht geboten. Wird diese Behandlung vor dem Abstich, also unter Anwesenheit von aktiven Hefezellen, durchgeführt, hilft die besondere Fähigkeit der Hefen, Kupfer aufzunehmen. Das für den menschlichen Organismus unbedenkliche Schwermetall wird durch die Hefen aufgenommen und beim Abstich auf natürlichem Weg wieder aus dem Wein entfernt. Vermeiden lassen sich Böckser relativ einfach durch Klärung der Moste vor der Gärung, durch den Einsatz von Reinzuchthefen und deren ausreichende Nährstoffversorgung. Aber: Nicht selten sind Weine, die ganz jung einen kleinen Böckser hatten, ohne weiteren Eingriff des Kellermeisters im erwachsenen Stadium die besten und gehaltvollsten Weine.