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06. März 2009

Was ist das eigentlich ... BSA?

Wer sein Weinwissen unter Beweis stellen möchte, sagt heute statt BSA
besser „malolaktische Gärung“, flapsig auch „Malo“, genannt. Malus, der
Apfel, und Lactis, die Milch, haben diesem extrem wichtigen Prozess der
Weinbereitung seinen international verständlichen Namen gegeben.
Aber was verbirgt sich eigentlich dahinter?
Der als malolaktische Gärung oder Biologischer Säureabbau (BSA) im Wein bezeichnete Vorgang ist ein von Bakterien verursachter komplizierter Prozess, der, wie alle mikrobiologischen Vorgänge, einige Risiken birgt. Grundsätzlich handelt es sich dabei um die biologische Umwandlung der in den Trauben natürlich vorkommenden Äpfelsäure in Milchsäure. Dabei wird CO2 frei. Wir kennen das vor allem aus der Rotweinbereitung, aber auch bei Weißweinen wird der BSA mehr und mehr praktiziert. Die Milchsäuregärung ist neben der alkoholischen Gärung eine der ältesten Konservierungsmethoden der Menschheit. In diesen Fällen wird allerdings nicht Äpfelsäure, sondern Zucker in Milchsäure umgebaut.  Äpfelsäure, auch Hydroxybernsteinsäure oder Acidum malicum genannt, schmeckt stärker sauer als Zitronensäure oder Weinsäure und kommt in Äpfeln und Trauben, aber auch in Stachelbeeren, Johannisbeeren, Kirschen und vielen anderen Früchten vor. Das heißt, sie wird von Pflanzen gebildet. Sie ist unter dem Kürzel E 296 als Zusatzstoff für Lebensmittel unter anderem auch als Trägerstoff für Aromen zugelassen und wird in der Pharmazie als Lebertherapeutikum eingesetzt. Milchsäure, auch Hydroxypropionsäure
oder Acidum lacticum genannt, hat einen mild-sauren Geschmack. Sie kommt als Zwischenprodukt des Zellstoffwechsels überall in der Natur vor und darf unter dem Namen E 270 in Lebensmitteln uneingeschränkt verwendet werden. Milchsäure wird vor allem durch Milchsäurebakterien gebildet, die zu den anaeroben Bakterien gehören. Das heißt, sie fühlen sich in einem stark reduktiven Element wie gärendem Wein besonders wohl. Milchsäurebakterien lassen Milch sauer werden, machen Weine aber angenehmer und milder. Milchsäure (besser: Laktat – das Salz der Milchsäure) spielt auch in unserem Blut eine Rolle und verbessert die Lebensbedingungen unserer Darmflora. Ganz wichtig für die Beurteilung von Wein: Milchsäure ist eine farblose bis schwach gelbliche und geruchlose (!) Flüssigkeit. Die Aussage „Der Wein riecht nach Milchsäure“ ist also unzutreffend.
Mit dem natürlichen Vorgang der malolaktischen Gärung möchten die Weinmacher vor allem zwei Dinge erreichen: erstens die Umwandlung der sauer schmeckenden Äpfelsäure in die milde Milchsäure ungefähr im Verhältnis 2:1 und die dadurch verbesserte Harmonie im Wein, also neudeutsch ein besseres „Mouthfeeling“. Und zweitens das Auftreten von erwünschten Nebenprodukten des BSA, die die Aromatik des Weins bereichern und positiv verändern können. Ein sehr willkommener Nebeneffekt ist außerdem die Verringerung des Gehalts an Acetaldehyd, das bei der Gärung entsteht (das ist aber auch der Stoff, der beim Menschen nach dem Genuss von Alkohol im Atem nachgewiesen werden kann) und den damit  verbundenen geringeren Schwefelbedarf des Weins. Der BSA macht also die Weine weicher, aromatischer, stabiler und schwefelärmer.  Die Protagonisten des biologischen Säureabbaus sind die Milchsäurebakterien, eine ziemlich zahlreiche Sippe von Mikro- Organismen, die auf die Namen Lactobacillus, Pediococcus oder Leuconostoc hören und in unserer Umgebung überall vorkommen. Sie bescheren uns Joghurt, Quark, Sauerkraut, Sauerteigbrot oder Salami. Aber nur ganz wenige davon sind im Wein wirklich erwünscht, wie zum Beispiel Leuconostoc oeni, der 1995 auf den schönen Namen Oenococcus oeni umgetauft wurde. Diese Spezies hat sich in der Praxis durchgesetzt. O. oeni wird heute sorgsam zu Reinkulturen selektiert und als Starterkulturen gezielt zum Einsatz  gebracht, um den unsicheren spontanen BSA zu verhindern. Ein unkontrollierter spontaner BSA kann zu erheblichen Weinfehlern bis hin zum völligen Verderb führen. Zu den Weinfehlern, die durch Milchsäurebakterien hervorgerufen werden, gehört zum Beispiel das „Zähwerden“. Durch einen hohen Gehalt an Polysacchariden, also sehr  großen Molekülen, wird die Viskosität des Weins u. U. so weit erhöht, dass er eine ölige Konsistenz erhält und nur noch „zäh“ fließt. Die häufigsten Weinfehler durch Milchsäurebakterien sind Gerüche nach Sauerkraut (Diacethyl) oder Klebstoff (Ethylacetat).  Auch der reine Essigstich (Acetat) wird durch sie verursacht. Ein BSA ist aber nicht grundsätzlich in jedem Wein möglich, denn die Bakterien reagieren relativ empfindlich auf einen zu niedrigen pH-Wert. In deutschen Rieslingweinen des Jahrgangs 2008 dürfte kein BSA möglich sein, ohne eine vorherige chemische Korrektur des pH-Werts nach oben. Ebenfalls ungeeignet sind extraktarme Weißweine, deren Aromatik durch BSA nicht positiv verändert wird. Bukettsorten wie Gewürztraminer, Scheurebe oder Muskateller sollten niemals eine „Malo“ erleben, denn die zerstört das charakteristische Aromaprofil dieser Weine.