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03. September 2010

Was ist das eigentlich... Flotation?

Was ist das eigentlich – Flotation? Bei Verkostungen werden Weißweine häufig kritisiert, weil sie nicht ganz reintönig im Geruch sind oder einen unangenehmen bitteren Geschmack am Gaumen hinterlassen. Ursache für beides können Trubstoffe aus den Beerenhäuten und dem Fruchtfleisch sein, die beim Pressen der Trauben entstehen, in den Most gelangen und schließlich mitvergoren werden. Zur Entfernung dieser Trubpartikel gibt es mehrere Möglichkeiten, zum Beispiel die Flotation.
Ein störender Geruch oder gar Böckser kann während der Gärung durch unerwünschte Mikroorganismen entstehen, die auf den Trubpartikeln haften (siehe WEIN+MARKT 10/2009). Der bittere Geschmack wird durch unerwünschte Gerbstoffe (Phenole) verursacht, die im Trub enthalten sind und bei der Gärung in den Wein übergehen. Die moderne Kellerwirtschaft versucht deshalb, Weißweinmoste vor der Gärung möglichst weitgehend von Trubstoffen zu befreien. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Die einfachste und sehr schonende Technik, Traubenmost zu klären (= Mostvorklärung), ist das schlichte Absetzenlassen, die so genannte Sedimentation. Dafür verbleibt der Most 12 bis 24 Stunden in einem schlanken, senkrecht stehenden Tank. Der Trub sinkt durch die Schwerkraft zu Boden, und der weitgehend klare Most kann darüber abgezogen werden (siehe Abb. rechts). Eine andere sehr weit verbreitete Methode ist die Mostvorklärung mittels Zentrifugieren. Dabei wird aber der Most einer sehr starken mechanischen Belastung ausgesetzt, weshalb Spitzenbetriebe grundsätzlich keine Zentrifugen (so genannte Separatoren) einsetzen. Eine dritte, sehr effektive Methode mit durchaus erwünschten Nebeneffekten ist die Flotation. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet Schwimmen. Im Gegensatz zur Sedimentation, bei der der Trub zu Boden sinkt, steigt er bei der Flotation an die Oberfläche der Flüssigkeit und kann dort entfernt werden; oder der Most wird darunter abgezogen (siehe Abb. links). Das Aufsteigen des Trubs wird erreicht, indem mittels einer speziellen Pumpe sehr viel Luft in den durchfließenden Most gepresst wird und sich so ein Überdruck in der Flüssigkeit aufbaut. Kommt dieser Most schließlich in einem Tank an, entweicht der Druck, und es entstehen Milliarden von sehr kleinen Luftbläschen. Diese steigen nach oben und reißen dabei die Trubpartikel im Most mit. Der Trub schwimmt obenauf, der Most darunter wird klar. Das funktioniert so gut, dass im Most maximal 0,1 bis 0,3 Gewichtsprozente Trub verbleiben. Das heißt, in 1 kg Traubenmost verbleiben nur noch 1 bis 3 g Trubstoffe. Diese Methode wird in der Abwasseraufbereitung oder der Altpapierverarbeitung schon sehr lange angewendet. Im Weinbereich konnte sie sich bis zum Ende des letzten Jahrhunderts aber nicht durchsetzen, da die Kellermeister den Sauerstoff fürchteten, der in der verwendeten Luft zu 20,9% enthalten ist. Tatsächlich wird der Most bei der Prozedur sehr stark oxidiert und dadurch unansehnlich braun, ein Effekt, der allgemein von geriebenen Äpfeln bekannt ist. Man fürchtete, daraus einen verdorbenen Wein zu erhalten. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Nicht nur die Verfärbung verschwindet durch die reduktiven Prozesse während der Gärung vollständig, sondern der Wein profitiert sogar qualitativ von der Prozedur. Die Flotation und die mit ihr einhergehende Oxidation haben den sehr erwünschten Nebeneffekt, dass phenolische (also grün und bitter schmeckende) Substanzen ausgefällt werden. Der Gesamtphenolgehalt der späteren Weine verringert sich um bis zu 15%. Dadurch werden sie geschmacklich harmonischer, altern wesentlich langsamer und sind widerstandsfähiger gegen eine spätere Oxidation. Bittertöne, Adstringenz und sogar Altersfirne können durch diese Maßnahme auf ein Minimum reduziert werden, und die Weine bekommen insgesamt ein wesentlich besseres Alterungspotenzial.
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