11. Januar 2017
11. Januar 2017
Ein Stück Heimat aus dem Taubertal
87 Punkte
Klar doch – Farbe, Alkohol, Tannine sind nicht die
Stärken der uralten Rebsorte Tauberschwarz. Sie
kommt auch sehr gut ohne plumpe Kraftmayerei
zurecht. Hier als zarter Blanc de Noir, mit feinem,
klaren Bukett, trotz kleiner dropsiger Anklänge,
und elegantem Körper. Man fühlt sich etwas an
Grauburgunder erinnert. Sehr schade, dass es
gerade nicht Sommer ist, denn dieser Wein hat
seinen Platz auf der Terrasse verdient.
Weinfreunde, die nach ausgefallenen Spezialitäten
und Gegenpolen zum Mainstream suchen, interessieren
sich zunehmend für Weine aus alten, in Vergessenheit
geratenen, wiederentdeckten Rebsorten. Zu denen gehört
der Tauberschwarz. Die Rotweinsorte war angeblich
im 16. Jahrhundert als „Blauer Hängling“ eine der Hauptsorten
im Taubertal und (neben anderen Sorten) Bestandteil
des Huntsch (Zehntweins). Erstmals namentlich erwähnt
wurde sie in einem Dekret des Hochstifts Würzburg
aus dem Jahr 1726 während der Regentschaft des Grafen
Karl Ludwig von Hohenlohe zu Weikersheim. Mitte des 20.
Jahrhunderts war sie allerdings nur noch in den Weinlagen
von Laudenbach (Vorbachtal) und Weikersheim (Taubertal)
zu finden. Und im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen
wurden schließlich in den 1950er Jahren die
Rebflächen mit Tauberschwarz gerodet, so dass die Sorte
bis 1959 als ausgestorben galt, bevor man in einem Weinberg
in Ebertsbronn im Vorbachtal etwa 400 verbliebene
Rebstöcke fand.
Zu Beginn der 1960er Jahre wurde durch die Staatliche
Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg
versucht, die Sorte wiederzubeleben. Der Antrag auf
Eintragung in die Sortenliste wurde 1987 gestellt, im
Frühjahr 1994 erfolgte die Registrierung des Klons We
600. Seit Oktober 1996 ist die Rebsorte im Regierungsbezirk
Stuttgart für den Main-Tauber-Kreis und zwei Gemeinden
des Hohenlohekreis zugelassen. Inzwischen sind
damit 16 ha bestockt. Tauberschwarz erbringt relativ
leichte, fruchtige Rotweine, bei entsprechender Ertragsbegrenzung
aber auch recht kräftige, würzige Gewächse.
Für Udo Engelhardt vom gleichnamigen Weingut in
Röttingen (Unterfranken) steht der Tauberschwarz für ein
Stück Heimat, für Authentizität und Identität. Der Winzermeister
bewirtschaftet seit 1984 eigene Rebflächen. Zunächst
lieferte er seine Trauben an die Weinkellerei Beck
in Röttingen. Seit 1991 macht er sein eigenes Ding und erzeugt
Flaschenwein. Mittlerweile bewirtschaftet der Betrieb
aus dem Taubertal 4 ha Rebfläche und produziert im
Jahr 25.000 bis 30.000 Flaschen Wein. „Tauberschwarz ist
unser Aushängeschild. Ich war der Erste in Franken, der die
Sorte wieder angepflanzt hat“, erklärt Engelhardt, der ansonsten
noch Müller-Thurgau, Silvaner und diverse Rotweinsorten
kultiviert. Für den Winzermeister ist Tauberschwarz
auch eine Möglichkeit, sich gegenüber der Konkurrenz
zu profilieren. „Tauberschwarz fehlt bei mir in
keiner Probe, und die Weine aus der Sorte erfreuen sich
bei meinen Kunden wachsender Beliebtheit“, erklärt er.
Dabei verlief der Start etwas holprig. Weil die Regierung in
Unterfranken 1994 einen Nachweis der Reblausfreiheit
verlangte (den es nicht gab), pflanzte er die Sorte zunächst
nur im Versuchsanbau an. Heute sind in seinem
Betrieb 30 Ar damit bestockt. Und als Novum bietet Engelhardt
nun auch einen beachtlichen Blanc de Noir aus der
Sorte an.
www.weingut-engelhardt.de