Facebook   Twitter   Kontakt

27. März 2017

Liebfraumilch „reloaded“

2016 Liebfraumilch „reloaded“

88+ Punkte


    

 
2016er Müller-Thurgau, Bacchus, Kerner, Sauvignon Blanc weist unsere Liste aus. Keine Geschmacksangabe. Also rein mit der Nase ins Glas. Das wäre aber nicht wirklich nötig gewesen. Der üppige Duft dieses Weins strömt einem auch so entgegen. Ein herrlicher Aromencocktail, die perfekte Renaissance der Aromasorten so kraftvoll in einem Glas vereint, dass es die Nase fast überfordert. Und dann setzt sich das Ganze am Gaumen fort, von deutlicher Restsüße getragen. Aber keineswegs klebrig, sondern elegant, fruchtig, saftig. Später stellt sich heraus: Liebfraumilch reloaded. Wenn überhaupt, dann so!    

Bitte nicht für verrückt erklären – wir haben eine Liebfraumilch. Ohne ausgefeilte Marktanalysen, mit dem Ohr direkt an unseren Kunden haben wir im Sommer 2016 beschlossen, diese alte Marke wieder aufleben zu lassen“, erklärt Jan Ruzycki vom Weingut Klostermühlenhof im rheinhessischen Hahnheim. Die Liebfrauenmilch hat ihren Ursprung bekanntlich in den Weinbergen der Liebfrauenkirche in Worms. International bekannt wurde sie durch das 1786 gegründete Weinhandelshaus Valckenberg, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Großteil der Weinberge um die Liebfrauenkirche erwerben konnte und mit der Marke Liebfrauenmilch ein erfolgreiches Exportgeschäft aufbaute. Da die Marke nicht geschützt war, sprangen nach und nach zahlreiche Produzenten auf den Zug auf. Mit den Jahren geriet Liebfrauenmilch als billige, süße Massenware in Verruf und trug damit wesentlich zum ramponierten Image deutscher Weine im Ausland bei. In früheren Zeiten wurden von dem lieblichen Qualitätswein nach Auskunft von Albrecht Ehses (Geschäftsführer der IHK Trier und des Bundes der Kellereiverbände Rheinland- Pfalz) pro Jahr über 100 Mio. l verkauft. Heute sind es nach Einschätzung von Ehses noch 15 bis 16 Mio. l. Weil die deutschen Weinexporte in den zurückliegenden Jahren allerdings insgesamt geschrumpft sind, spielen hierzulande etliche Verbandsvertreter und Produzenten mit dem Gedanken, die Liebfrauenmilch wieder neu aufzuladen bzw. neu zu interpretieren – oder einen anderen Wein mit Markencharakter zu entwickeln, mit dem sich das Exportgeschäft wieder ankurbeln lässt. Jan Ruzycki hat mit seiner Liebfraumilch „reloaded“ allerdings gar nicht in erster Linie Exportkundschaft im Visier. Er möchte damit vor allem Fans von betont aromatischen Weinen erreichen, die unbeschwert und vorurteilsfrei genießen möchten. „Die jungen Leute kennen die negativen Geschichten, die sich um die Liebfrauenmilch ranken, doch gar nicht. Weingut Klostermühlenhof Ruzycki GbR Liebfraumilch „reloaded“ Die gehen vollkommen unbelastet an das Thema heran“, argumentiert der Diplom-Ingenieur für Getränketechnologie, der vor seinem Einstieg in den heimischen 15-ha-Betrieb mehrere Jahre bei der DLG TestService GmbH in Gau-Bickelheim im Bereich Produktprüfung arbeitete. Seine Liebfraumilch „reloaded“ ist eine Cuvée aus Müller-Thurgau, Bacchus, Kerner und einem Tick Sauvignon Blanc. „Dabei sind wir weit weg von der billigen Plörre der Großkellereien“, erklärt Ruzycki. Fürs Debüt hat er ganz zaghaft erstmal ein paar hundert Liter produziert, die angesichts der feinaromatischen Qualität schnell ausverkauft sein dürften – auch zum Endverbraucherpreis von 5,10 Euro pro Flasche. Was die Menge angeht, ist für spätere Füllungen nach seinen Worten noch Luft nach oben.
www.klostermuehlenhof.de